Ann.Jan.Fun.

Musik meiner Gedanken


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Krise

Klein und hilflos am Start. Die Charge der Neugeborenen stellt sich auf. Macht sich bereit für das Leben. Jedes Kind im Kosmos seiner Familie oder auch blutsfremder Bezugspersonen.

Und dann geht’s los. Chancengleichheit ist ein Euphemismus. Im Gegenteil: Unterschiedlicher als am Anfang können die Erfahrungen gar nicht sein: Der eine ist der sehnlichst herbeigewünschter Prinz, der das Lebenskonzept vervollständigt. Der andere ist da, obwohl nicht erwünscht. Die eine wächst auf inmitten tradierter Vorstellungen, die dem Main-Stream entgegenstehen. Die andere liegt modisch voll im Trend und bekommt jede Neuerung angeboten, die die Gesellschaft gerade entwickelt.

So krabbeln sie sich mehr oder weniger umsorgt durch die Kitas, die auch ganz unterschiedlichen Konzepten folgen können. Schulen folgen. Private, öffentliche. Weitere Weichen werden gestellt. Unschuldig folgen die Kinder den Weisungen der Eltern, Lehrer und Erzieher. Finden sich in Gruppen, Klassen oder Teams wieder. Bauen sich aus all diesen Bausteine ihre eigene Welt. Suchen sich im Planquadrat ihren Platz, der ihrem konstruierten Weltbild entspricht.

Leben diesen Platz. Verteidigen ihn. Es ist ihre Welt, das was sie kennengelernt haben. Ihre Identität. Ihre Heimat. Ihre Wurzeln und ihre Zukunft.

Die Basis. Der Habitus entwickelt sich. Gewohnheiten. Das Konstrukt von der Welt wird zur Weltanschauung. Gleich und gleich gesellt sich. Parallelwelten entstehen. Und noch ist die Welt in Ordnung, denn auch das Andere, das was außerhalb des Weltbildes, wird benannt. Und manchmal auch diffamiert oder bekämpft.

Und auch jetzt ist die Welt noch in Ordnung. Es gibt Freund und Feind. Gut und Böse. Richtig und Falsch.

Bis…

irgendein unvorhergesehenes Lebensereignis das Weltbild ins Wanken bringt. Eine Krise. In der Krise werden die Konstrukte kreativ geprüft. Identitäten werden infrage gestellt. Zusammenhänge anders gedeutet. Werte hinterfragt. Die Welt wird erschüttert, die eigene, selbst konstruierte.

Das ist das Wesen der Krise.

Es ist das Unvorhergesehene, das wie ein Meteorit in den eigenen Kosmos einschlägt und Kontinente untergehen lässt. Ein Inferno. Der Fixpunkt verliert seinen Halt, Pole verschieben sich; aus dem Wasser des Unterbewussten heben sich neue Erdschollen nach oben und bieten dem Überlebenden eine karge, unwirtliche Landschaft an.

Das ist das Ende der Krise.

Nun beginnt der kreative Teil, der bisher noch gar nicht gelebte. Der Teil, der ebenso wie das hervorgebrochene Land, aus einer Tiefe aufgestiegen ist, die bis dahin unbekannt war. Es gibt in diesem Moment keine Zeit, um über das Untergegangene zu trauern, denn das Leben strebt nach vorne. Bruchteile der vergangenen Zeit, die beziehungslos verstreut umherliegen, sind nur als Module verwertbar und nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion.

Doch nicht jeder meistert die Krise. Für viele bleibt die Zeit danach eine gebrochene Realität. Zu fest ist der Glaube an die Sicherheit, die nun verloren ist. Es wird geleugnet, dass sich  auch die Sicherheit als unsicher erwiesen hat.

Gewinnen kann nur der, der Erinnerungen bewahrt und gleichzeitig bereit ist, das Neue zuzulassen. Nur der gewinnt, der aus der Krise mit einem erweiterten Verständnis für das Leben herausgeht. Das Verhaften im Alten oder auch das Herüberretten von alten Erwartungen in das veränderte Leben nehmen  die Chance für einen wirklichen Neubeginn.

Denn alles ist im Werden. Auch die eigene Identität.

 

 


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Es zeigt sich was

Da sitzen sie und fahren in der U-Bahn gepfercht durch dunkle Schächte. Da quillt die Masse über Ampelkreuzungen um sich geballt in die Kaufhäuser und Malls zu ergießen. Da staut sich Mensch an Mensch vor Eingängen oder in Blechhüllen auf der Autobahn. Da jubeln Zehntausende in Reih und Glied von Tribünen aus verschiedenen Spektakeln zu und Millionen von Sofas und Sesseln aus.

Wir sind ganz viele.

Eine eigenartige Spezies, die biologischen Rhythmen folgt und in dieser Lebensspanne tiefe Spuren im Gedächtnis der Erde hinterlässt. Nachhaltig und irreversibel.

In dieser großen Population lebt der Einzelne sein Leben, das vornehmlich sich selbst im Fokus hat. Der aktive Radius umfasst meistens die Familie, Freunde und Arbeit, doch dann wird es unüberschaubar. Dann werden es die Anderen, die Fremden, der Rest der Welt.
Obwohl vom Kollektiv bis ins eigene Unterbewusstsein geprägt, postuliert der Einzelne seine Individualität. Am besten mit dem Zusatz „authentisch“.

Wie kann das sein, dass derartige Gegensätze durch uns gelebt werden? Das Individuelle und das Kollektive?

Einerseits wird sich der Einzelne mehrdimensional und komplex seiner Selbst bewusst. Immer mehr Menschen erkennen, dass sie durch unhinterfragte Überzeugungen, die sich durch Tradition und Kultur in ihr Unterbewusstsein geschlichen haben, gesteuert werden und sie nur durch Achtsamkeit und Sensibilität zu einer reflektierten Lebenshaltung gelangen.

Andererseits  entsteht ein kollektives Bewusstsein für die globalen Zusammenhänge  auf ökologischer, ökonomischer und humanitärer Ebene. Das von C.G.Jung angenommene kollektive Unterbewusstsein wird von einem kollektiven Bewusstsein ergänzt, das die konkreten, globalen Vernetzungen öffentlich macht.

Es zeigt sich was.