Ann.Jan.Fun.

Musik meiner Gedanken

Spätimplantat

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Es ist Sonntag. Ein gewöhnlicher Sonntag ohne ein zu erwartendes Großereignis. Ein freier Tag, den ich aus freien Stücken im Internet und in den sozialen Netzwerken verbringe.

Ich bin kein Kind der Social-Network-Generation. Ich bin ein Spätimplantat. Darum gerate ich in andere Konflikte als die Generation, die mit diesen Dingen großgeworden ist. Nicht nur die Technik ist es, die ich nicht intuitiv beherrsche, sondern mir mühsam aneigne. Ich, die zur Generation Buch gehört.

Es ist auch der innere Konflikt mit meinen alten Gedankentraditionen. Bei einem Buch, das ich lese, verändert sich mein Gehirnstruktur, und kann ich an der Seitenzahl sehen, wie viel ich gelesen habe.

Im Internet, in dem sich meine Gehirnstruktur sogar wesentlich schneller verändert, da vieles interaktiv ist und mulitmodal, kann ich nicht erkennen, wie viel ich gelesen bzw allgemein gesprochen rezipiert habe.Da messe ich deswegen die Zeit. Ich habe nur das als messbares Instrument meiner Tätigkeit.

Und da ich gar nichts produziere – außer wenn ich tweete oder kommentiere – befällt mich Spätimplantat das unbehagliche Gefühl der Zeitverschwendung. Weil nichts sichtbar ist. Und doch ist meine Innenwelt bereicherter als zuvor. Sie hat etwas erlebt, das der gewöhnliche Sonntagmorgen sonst nicht hergeben würde.

Die Zeitverschwendung ist ein Relikt aus der Zeit, in der der Mensch nur nach seiner Produktivität beurteilt wurde. Sichtbar. Für jeden sichtbar. Und von jedem beurteilbar.

Aber das Surfen im Sozialen Netz ist eine unsichtbare Produktivität, die für niemanden ein Grund zur Beurteilung werden kann, weil ich allein den Nutzen daraus ziehe. Ich habe heute Gedichte gelesen, von Menschen, die mir ihr Inneres hier anbieten. Oder Fotos, die den Blick des Einzelnen allen zur Verfügung stellen. Ich habe kommentiert, was mir gefiel, obwohl niemand mich um die Meinung gefragt hat. Ich habe gechattet und kommuniziert.

Ich komme zu dem Schluss,  dass wir unsere Zeit nicht verschwenden können. Wir nutzen sie, um uns zu erfahren. Im realen Leben und im  virtuellen sozialen Netzwerk. Auch als Spätimplantat.

 

Autor: Ann.Jan.Fun.

Gefühlstiefen in Worten. Authentisch. Direkt. Pur. Berlin.

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